Mental Strength

Mental Strength

Der eigene Rhythmus. Das Gefühl mit dem eigenen Körper im Einklang zu sein. Die Ehrlichkeit zu sich selbst, schafft mentale Stärke. Jeder Wettkampf mit allen Höhen und Tiefen fordert den Geist. Es ist die Kunst, in sich hinein zu hören, die es dem Athleten erlaubt mentale Stärke aufzubauen.

“The rhythm and the feeling for the own body is crucial.” 

Wie wichtig ist die Balance zwischen mentaler und körperlicher Stärke? Welchen Einfluss hat die Trainingsgruppe auf das eigene Befinden? Wie wird mit Höhen und Tiefen im Wettkampf umgegangen? In Bezug auf den 70.3 Ironman in Polen, erzählt Jan wie wichtig körperliche Fitness im Einklang mit dem Geist ist und gibt weitere Einblicke in die Vorbereitungen auf den kommenden Wettkampf.

 Ryzon Jan Frodeno Mentale Stärke

Dein bisheriger Höhepunkt in dieser Season war der Ironman European Championship in Frankfurt. Unter extremen Bedingungen konntest du deinen Titel dort verteidigen. Hast du das Rennen im Kopf gewonnen?

Jan Frodeno (JF): Jeder Ironman fordert den Geist, neben den offensichtlichen körperlichen Anstrengungen, enorm. Das Rennen in Frankfurt hat mich sowohl geistig als auch körperlich gefordert. Drama auf allen Seiten. Taktik. Kampf, Mann gegen Mann. Ein Rennen, welches dauerhaft in Erinnerung bleiben wird. Aber genau diese Wettkämpfe sind es, warum ich diesen Sport weiterhin mache. Wenn ich nach so einem ereignisreichen Tag dazu noch ganz oben stehe, ist das natürlich noch geiler. 

Der Ironman Frankfurt hat einmal mehr gezeigt, dass neben der körperlichen Verfassung, auch die mentale Form eine große Rolle spielt. Wie würdest du diese beiden Faktoren gewichten?

JF: Schwer zu sagen. Ein unfitter Körper gewinnt keine Rennen, ebenso wenn der Kopf nicht mitspielt. Ist der Kopf platt, gewinnt ein fitter Körper auch keinen Blumentopf. Es sollte also ausgewogen sein.

Wie bereitest du dich auf Extremsituationen im Rennen vor, um die bestmöglichen Entscheidungen treffen zu können?

JF: Ich weiß vor dem Start, dass die Tiefen kommen werden. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Wichtig ist, dass man sich durch die Tiefen nicht aus der Ruhe bringen lässt oder durch Rückschläge die Nerven verliert. Wie zum Beispiel bei meinem Ausritt in die Botanik beim Ironman in Frankfurt, bei dem ich meine Verpflegung verloren habe. Ebenso darf man natürlich auch nicht zu viel wollen, wenn es einem Mal übermäßig gut geht. Das ist alles eine Frage der Erfahrung und Geduld, an solch einem langen Tag. 

Wie empfindest du die Einsamkeit während langer Trainingseinheiten oder im Rennen?

JF: Im Training bin ich selten alleine. Ich trainiere meistens mit meinen Trainingspartnern und wenn nicht, genieße ich auch mal die Ruhe und Natur um mich herum. Immer alles alleine zu trainieren wäre nichts für mich. Im Wettkampf ist es klar, dass man auf sich alleine gestellt ist aber trotzdem bin und fühle ich mich dort nie einsam. Ist ja immer was los um einen herum.

Inwiefern spielt auch dein innerer Rhythmus eine Rolle, neben den Messgeräten und Daten? 

JF: Der Rhythmus und das Gefühl für den eigenen Körper sind super wichtig im Rennen. Dafür trainiere ich Tag ein und aus. Im Wettkampf trage ich im Gegensatz zum Training keinen Pulsgurt. Ich bin mir sicher, dass ich auch ohne Radcomputer oder Uhr einen ordentlichen Wettkampf machen könnte, aber es gibt mir eine gewisse Sicherheit sich richtig zu pacen und in den Höhen und Tiefen korrekt zu agieren. 

Ein Wettkampf kostet auch mental viel Energie. Wie lange ist hierbei die Regenerationsphase einzuschätzen?

JF: Sehr viel länger als die körperliche Regeneration. Nach einem anstrengenden Ironman kann es schon mal sein, dass ich nach einer Woche immer noch nicht richtig Gesprächen folgen kann, weil ich schnell abdrifte. Der Körper hingegen erholt sich deutlich schneller.

Welchen Anteil nimmt das Mentaltraining ein?

JF: Ich mache kein klassisches Mentaltraining. Mein mentales Training ist das tägliche physische Training. Ich habe mir über die Jahre viel selbst angeeignet und praktiziere dies beim täglichen Training.

Tauscht du dich hierzu mit deinem jahrelangen Trainingspartner Nick Kastelein aus?

JF: Mit Nick rede ich über alles mögliche. Über mentales, als auch über physische Aspekte. Aber natürlich auch über trivialen Quatsch oder den neusten Tratsch. Wir sind ja stundenlang Seite an Seite. Wichtig ist aber auch, dass man reden kann aber nicht muss. Es ist auch okay, wenn einer keine Lust zu reden hat.

Jan Frodeno Ryzon Nick Kastelein Nan Oliveras

Inwiefern profitiert Ihr von der Routine innerhalb eurer Trainingsgruppe? 

JF: Ich denke wir profitieren alle von unserer Gruppe. Es macht uns alle stärker und auch wenn es sich komisch anhört, wir versuchen keine Routine aufkommen zu lassen. Abwechslung ist das A und O.

Welchen Stellenwert nehmt Ihr für einander ein?

JF: Ich bin definitiv der „Alte Hase“, den es zu schlagen gilt. Habe ich einen schlechten Tag, lassen es mich die Jungs direkt spüren.

“Mental strength is being honest with yourself.”

Hast du einen Tipp, wie Athleten eine mentale Balance schaffen können?

JF: Wenn man wirklich ehrlich zu sich selbst ist, ist man mit Sicherheit selbst sein bester Mentalcoach. Aber zu sich ehrlich sein, ist die eigentliche Challenge.

Auf dem Weg nach Hawaii hast du zwei Rennen vor dir – Gdynia und im Allgäu. Wieso genau diese beiden Rennen?

JF: Beide Rennen passen sehr gut in die Planung der Kona Vorbereitung und natürlich habe ich Lust drauf. Wobei Polen im Vergleich zum Allgäu Triathlon ernster zu nehmen ist. Allgäu ist nur „Zwecks des Gaudi“. 

In Polen stehst du gemeinsam mit Nick Kastelein am Start. Bereitet Ihr euch, wie gewohnt gemeinsam vor? Oder würde das Euren Fokus beeinflussen?

JF: Bis zum Abflug machen wir wie immer alles zusammen. Vor Ort macht jeder sein Ding, da jede Wettkampfroutine sehr individuell ist. Im Rennen kämpft jeder für sich selbst.

Wie schaffst du es neben dem Training abzuschalten? Gibt es bewusste Zeiten, in denen Du alles andere ausblendest? Wenn ja, wie gestaltest du diese Zeit?

JF: Nach großen Rennen mache ich in der Regel ein paar Tage frei und Urlaub mit der Familie. Zu dieser Zeit trainiere ich nicht nach einem Trainingsplan, sondern mache einfach, worauf ich Lust habe. Das hat viel und häufig mit Essen oder Kaffee zu tun.

Zum Schluss: Der Allgäu Triathlon fällt auf deinen Geburtstag. Werden deine Familie und Freunde vor Ort sein? Inwiefern macht es das für Dich besonders oder bist du ohnehin viel zu fokussiert? 

JF: Meine Familie wird leider nicht da sein, das wäre bei so einem kurzen Aufenthalt zu stressig. Aber neben Nick, ist auch mein Trainingspartner Nan Oliveras am Start. Und wie immer auch mein Physio und mein Manager. Wir werden den Abend zusammen verbringen uns neben gutem Essen auch eine Flasche Wein gönnen.

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