Project Horizon // Jonas Deichmann

Project Horizon // Jonas Deichmann

“Es könnte jeden Tag aufs Neue etwas passieren, was ich noch nie gesehen habe.”

Project Horizon Athlet Jonas Deichmann hat die Welt im Triathlon umrundet - und unsere damit auf den Kopf gestellt. In 430 Tagen hat er 120 mal die Ironman-Distanz absolviert. In Zahlen bedeutet das 450 Kilometer Schwimmen, 21.000 Kilometer Radfahren und 5.060 Kilometer Laufen. Hier findet ihr seine RYZON Favoriten, die ihn auf der Reise begleitet haben. Wir haben einige Fragen an den Extremsportler und Weltrekordhalter gestellt.

Das Motto unserer diesjährigen Weihnachtskampagne lautet: “The biggest achievements often remain unseen”. Was war für dich ein solches achievement, ein unbeobachteter, fordernder Moment?

JD: Das größte achievement war für mich, die Schwimmstrecke zu schaffen. Das Schwimmen war für mich das mit Abstand schwierigste. Also beim Radfahren, auch in Sibirien, da habe ich mich in meinem Terrain gefühlt und beim Laufen auch. Das kann ich. Aber beim Schwimmen, da hatte ich keine Ahnung was ich da tu. Ich bin einfach drauf los geschwommen und schon an Tag 1 habe ich gemerkt: das ist so viel härter, als ich erwartet habe. Und dann in Dubrovnik anzukommen, das war für mich das größte achievement. 

Und genau da warst du ja auch eigentlich die ganze Zeit alleine, richtig?

JD: Also Schwimmen ist vor allen Dingen mental unglaublich hart, weil es eintönig ist, da passiert nichts. Also sich dann da 6-7 Stunden am Tag nur Wasser und Plastikmüll anzugucken, das ist mental wirklich schwierig. 

Hast du wirklich viel Plastikmüll im Meer gesehen? Das ist ja etwas, womit wir uns auch auseinandersetzen, Recycling und Nachhaltigkeit. Das Bike Jersey, mit dem du unterwegs warst, das ist ja auch aus recyceltem Material.

JD: Also ich würde nicht sagen, dass es vermüllter ist als andere Meere, oder Teile von Europa. Aber man sieht dort mehr Plastikmüll als Fische, klar. Also auch Dinge wie Kühlschränke, Autoreifen und Bierflaschen und Dosen. Das ist unglaublich, was man da so am Meeresgrund sieht.

Aber das Laufen, anders als das Schwimmen, das kannst du.

JD: Ja, das hat mir auch richtig Spaß gemacht. Also meine Laufkarriere ist noch nicht vorbei. Das Radfahren ist meine Lieblingsdisziplin, das bleibt auch so. Ich habe aber schon auch Bock, nochmal einen großen Lauf irgendwo zu machen. 

Und warum läufst du? Du wurdest in Mexiko mit Forrest Gump verglichen. Er antwortet in der Szene, in dem die Journalist:innen neben ihm herlaufen auf die Frage, warum er laufe: “for no particular reason”. Also aus keinem konkreten Grund. Was wäre deine Antwort auf diese Frage?

 JD: Eigentlich genau dasselbe. Wenn ich morgens aufgewacht bin in meinem Zelt, dann hatte ich einfach jeden Tag neu Bock einen Marathon zu laufen. 

Wenn die Motivation bei jedem so einfach wäre - das wär schön. 

JD: Es sind für mich letztendlich diese besonderen Erlebnisse. Beim Radfahren und beim Laufen. Es sind wirklich die kleinen Momente. Die Nacht Zelten in der Wüste von Baja California oder wenn die Mariachis vorbeikommen. Solche Begegnungen. Also einfach so die kleinen Momente, die Dinge, die man nicht gewöhnt ist, von denen man überrascht ist und davon zehre ich dann auch, wenn es mal hart wird. 

Und glaubst du, dass du beim Laufen mehr dieser kleinen und besonderen Momente erlebst, weil du da etwas langsamer unterwegs bist und sie noch mehr wahrnehmen kannst, als beim Fahrradfahren? 

JD: Die Momente sind anders. Also beim Fahrradfahren hat man natürlich viel mehr Eindrücke der Landschaft, weil man einfach schneller ist. Beim Laufen kommt man aber viel mehr in Kontakt mit Land und Leuten. Also es ist einfach anders. Beides hat Vor- und Nachteile. So kann man es zusammenfassen, beim Fahrradfahren hat man mehr Eindrücke, aber beim Laufen sind sie intensiver.

Interessant. Gab es denn beim Laufen solche intensiven Begegnungen, oder auch generell, Begegnungen, die dich nachhaltig beeindruckt haben? Oder solche, von denen du glaubst, dass es etwas ganz besonderes war?

JD: Ja, da sticht natürlich La Coqueta hervor, die Straßenhündin. Das war eine ganz besondere Begegnung. Die war so cool, sie ist einfach 130 Kilometer mit mir gelaufen. Und es hat für mich ja auch alles geändert. Ab dem Tag darauf war ich in den National News in Mexiko - und ab da auch nicht mehr alleine. 

Diese Begegnung bleibt dir nicht nur im Kopf, sie hat auch dein Leben verändert.

JD: Ja, auf jeden Fall. Seit dem Tag war ich in Mexiko richtig berühmt. Und der Moment, als es wirklich dann noch mehr wurde mit der Aufmerksamkeit, da kamen Menschenmassen und ich habe die Polizeieskorte bekommen, das war etwas ganz Spezielles. Etwas, dass man nicht vergisst. Auch die Polizisten mit ihren Waffen, dass Menschen mit mir gelaufen sind, das ist eine einzigartige Erfahrung. Das verändert einen. Ich habe auf der Reise aber auch wirklich viele Freundschaften geschlossen, von denen ich glaube, dass ich noch sehr lange mit diesen Menschen befreundet sein werde. 

Das klingt umso schöner. Ganz gegenteilig dazu: gab es auch Momente in denen du dich einsam gefühlt hast? Du hast in einem anderen Interview gesagt, dass du dich in der Natur nicht einsam fühlst. Aber wie ist dein Gefühl, wenn du dann in der Natur alleine bist?

JD: Ich fühle mich in der Natur wohl, wenn ich alleine bin. Am einsamsten habe ich mich eigentlich da in Mexiko gefühlt, als am meisten Leute dabei waren. Jeder will auf einmal etwas von dir. Am Anfang waren es so 20 Läufer, die mitgelaufen sind. Das war cool, alles wunderbar. Aber wenn es dann 200-300 werden, die hinter dir her rennen und du dann einen riesigen Empfang hast mit Journalisten, Polizei und jeder möchte noch etwas von dir. Aber du kennst niemanden davon. Dann fühlst du dich einsam. Denn du bist halt alleine. 

Das kann ich verstehen. Vor allem ist es wahrscheinlich schwierig, dann Ruhe zu finden.

JD: Ja. Teilweise bin ich dann 50 Kilometer gerannt und fix und fertig. Und dann komme ich in ein Dorf rein, da sind dann 2000 Leute und warten auf mich. Alle wollen Selfies und Interviews und ich möchte eigentlich nur ins Hotel und was essen und schlafen. Das ist schwierig.

Ich glaube, ich würde mich am einsamsten fühlen, wenn ich in Sibirien durch die Eiswüste fahre.

JD: Ach, das war schön, in Sibirien in der Eiswüste. 

Was war für dich die größte Motivation, das Vorhaben so durchzuziehen? In deinen Vorträgen sprichst du von “von Schokoriegel zu Schokoriegel”, also dem herunterbrechen auf einzelne Ziele. Aber was geht abseits davon in deinem Kopf vor? Was ist dein innerer Antrieb?

JD: Also das ist so mehr die Frage, warum mache ich das? Und nicht so im Kleinen, wie motiviere ich mich jeden Tag aufs Neue. Und warum ich das mache ist letztendlich, die Erlebnisse, die Begegnungen. Die sind einfach so intensiv, wenn du das machst. Und da sind so viele Sachen, über die kann ich noch in 30 Jahren reden. Es ist nicht der Rekord am Ende. Das, was am Ende bleibt, sind die Erlebnisse und die Erinnerungen. Es ist so viel intensiver, wenn du das auf diese Art machst. Und genau das motiviert mich auch. Auch wenn ich morgens aus dem Zelt gucke und es ist etwas ungemütlich, dann weiß ich trotzdem: Hey, heute könnte ein ganz besonderer Tag sein. Es könnte jeden Tag aufs Neue etwas passieren, das ich noch nie gesehen habe. 

Was war die größte Überraschung auf deiner Reise?

JD: Ganz klar, dass war der Hype in Mexiko. Das hätte ich mir so niemals vorstellen können. Das ich da über Nacht zum Volksheld werde, das hätte ich mir so nie vorgestellt. Es war einfach absurd, was da alles passiert ist. In Mexiko-Stadt bin ich mit neun Pick-Ups und gepanzertem Fahrzeug und 11 Motorrädern unterwegs gewesen, die mir die ganze Stadtautobahn abgeriegelt haben. Das sind so Sachen, da denkst du auf einmal, bin ich jetzt im falschen Film?

Und die größte Überraschung im Sinne von: was hat dir Angst gemacht, worauf warst du nicht vorbereitet?

JD: Das waren die Querungen beim Schwimmen. Ich hatte wirklich keine Ahnung vom Schwimmen und bin mit optimistischer Naivität an die ganze Sache rangegangen. Irgendwie klappt das schon. Und so eine Querung ist schon verdammt weit. Und es ist ein blödes Gefühl wenn du kilometerweit vor der Küste alleine schwimmst und Strömung und Wellen dazukommen. Das ist unangenehm. Darauf kann man sich aber auch kaum vorbereiten. Wenn es dann dunkel wird im Meer, dann kommt schon der Gedanke auf, was könnte da jetzt unter mir sein? 

Man ist auf einer solchen Reise ja sehr viel mit sich selbst alleine. Du bist ja gern alleine unterwegs, aber hat dir manchmal Gesellschaft gefehlt?

JD: Ich bin prinzipiell gerne alleine unterwegs. Aber zum Beispiel beim Schwimmen, oder in Russland, wo kein Mensch Englisch kann, da habe ich mich dann schon immer gefreut, wenn da jemand war. Leute, die ich kenne, mit denen ich sprechen kann, das ist dann so nach einem Monat schon sehr schön. Da habe ich mich auch sehr drauf gefreut.

Und du denkst jetzt schon wieder an die nächsten Projekte?

Ja, auf jeden Fall. Ich verrate euch bald, was ich vorhabe.

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